Objektnummer: 371
Augsburg um 1700-1707
Matthäus III Baur
Beschauzeichen: „Pyr“ für Augsburg R1 Nr 209 (1700-1707)
Meisterzeichen: „M B“ für Matthäus III Baur, (geb um 1693, gest. 1758) wird 1724 Meister, (R3 Nr. 723, Seling Nr. 2160)
Silber, getrieben, gegossen, graviert, punziert, vergoldet
Höhe: 10 cm (3,94 in.); Dm.: 16,5 cm (6,5 in.); Gewicht: 339 g
Die sehr fein gravierte, Silber vergoldete Régence-Schale besticht schon auf den ersten Blick durch ihre elegante Form: Ihr kugeliger, in der Mitte eingeschnürter Korpus, erhebt sich über drei eingerollten, zierlichen Volutenfüßen. Diese sind am profilierten Gefäßboden der Schale angebracht und geben der Schale eine spielerische Leichtigkeit. Die untere Hälfte der Schale gliedert sich in acht vertikale Streifen, von denen je vier stärker herausgetrieben sind. Diese sind mittig von antikisierenden, runden Porträtmedaillons verziert. Oberhalb der mittigen Einschnürung wird die Schale rund weitergeführt und läuft nach oben hin konisch in einem schmalen, elegant geschwungenen Rand aus.
Unterhalb des oberen Schalenrandes windet sich ein schmaler, zierlich wirkender Bandelwerkfries, bestehend aus stilisierten eingerollten Akanthusblättern, Voluten, stilisierten Blüten und geometrisch angeordneten Bändern, der durch den in feinen Strichen gravierten und punzierten, dunkleren Hintergrund plastisch hervorgehoben wird. Auch unterhalb der Einschnürung des Gefäßes wurde ein in acht Abschnitte unterteilter, symmetrisch angeordneter Bandelwerkfries angebracht, der sich in jedem zweiten Horizontalfeld wiederholt, dreiecksförmig nach unten ragt und das Gefäß bordürenartig umzieht. Er besteht aus denselben Bandelwerkselementen wie der schmalere Fries am Schalenrand, ist jedoch deutlich breiter angelegt und bildet eine zierliche Rahmung für die darauf angebrachten, runden, plastisch hervortretenden vier Porträtmedaillons. Die originale Feuervergoldung der Schale ist noch am ganzen Gefäß erhalten, die Schale überzeugt neben der feinen Gravierung durch ihre edle Form und gute Qualität.
Vermutlich verwendete der Goldschmied Matthäus III Baur, ebenso wie sein Zeitgenosse Gottlieb Menzel für seine Silber vergoldete große Dose auf vier Volutenfüßen #362 die gleichen Vorlagenblätter von Johann Erhard Heiglen (1687–1757), die zwischen 1721 und 1727 von Johann Jacob Baumgartner herausgegeben wurden. Einige dieser Blätter befinden sich heute im MAK, dem Österreichischen Museum für angewandte Kunst in Wien. Jener Vorlagenschatz diente wohl auch als Vorbild für einen „Rosewater Ewer“ von Johann Erhard Heiglen um 1730 im Metropolitan Museum of Art in New York sowie einen „Beaker and Cover“ von Johann Erhard Heuglin II (Heiglen), um 1722-1726 im Victoria & Albert Museum in London.
Meister
Matthäus III Baur gehörte zu den führenden Goldschmieden Augsburgs in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, mit denen er gemeinsam an großen Aufträgen arbeitete. Er wurde um 1693 geboren, erhielt 1724 die Meisterwürde und starb 1758. Von Matthäus III Baur sind zahlreiche Kaffeekannen bekannt, aber auch Schalen und Kummen eines vergoldeten Reiseservices, das sich heute im Bayerischen Nationalmuseum in München befindet. Matthäus III Baur fertigte zudem Teile für das bekannte Hildesheimer Tafelservice, wofür er unter anderem eine Kaffee- und eine Milchkanne schuf.
Literatur
Rosenberg, Marc, Der Goldschmiede Merkzeichen R3, I. Band, Deutschland A-C, Frankfurt a. Main 1922, S. 31, Nr. 209, S. 157, Nr. 723
Seling, Helmut, Die Augsburger Gold- und Silberschmiede 1529-1868, Meister, Marken, Werke, München 2007, S. 47, Nr. 1430, S. 534, Nr. 2160